Mittwoch, 23. September 2009

Tag 2: Trailsurfen zum Lago di Como


Lindau, sechs Uhr morgens. Der Bernina ruft! Schlaf- und Biwaksack verstauen, am nächsten Brunnen etwas frisch machen, Beißerchen putzen und ab gehts zum Bahnhof. Zehn Minuten vor sieben geht unser Zug nach St. Margrethen, wo wir zum ersten mal den Zug wechseln und nach Chur weiterdüsen. Dort besteigen wir standesgemäß den Bernina Express, das erste Highlight des Tages. Über steinerne Brücken, Viadukte, Kehr- und Spiraltunnels legen wir in einer traumhaften Kulisse bereits über 1000 Höhenmeter zurück. Auf einer Höhe von 1700m jedoch ist Schluss mit fahren lassen. In Samedan heißt es endlich Bikes fassen und ran an den Speck. Den Anstieg zum Passo del Bernina konnten wir uns schließlich nicht entgehen lassen. Zu Beginn führt uns der Weg durch dichten, größtenteils stark verblockten Lärchenwald. Zwar schön anzusehen, aber gleich mit der ersten Tragepassage verbunden ;)
Nachdem wir die Baumgrenze unter uns gelassen hatten, führte uns ein Schotterweg hinauf zum Pass. Den Stausee auf Passhöhe von 2328m umrundeten wir auf der dem Hospizio und der Bahnstrecke gegenüber liegenden Seite. So konnten wir zwar dem Massentourismus entgehen, mussten jedoch eine größere Fläche Restschnee überqueren, welche genau auf unserem Weg hoffte, den Sommer überstehen zu können. Ausrutschen wäre hier fatal gewesen: Ein falscher Schritt und man wäre samt Bike in den See gerutscht.
Nachdem wir jedoch auch dieses kleine Hindernis bewältigt und die Staumauer des Sees erreicht hatten, ging es bergab. Poschiavo wartete. Nach kurzer Abfahrt passierten wir die Alp Grüm, wo sich uns ein Ehrfurcht erbietender Ausblick auf den Gletschers des Piz Palü eröffnete. Kurz danach wurden wir zum erstern unplanmäßigen Stop gezwungen. Während Andi seine Pumpe an einen anderen Biker verliehen hatte, wollte auch einer seiner Schläuche urplötzlich die Luft nicht mehr halten.
So ging es erst nach kurzem Schlauchwechsel weiter steil bergab Richtung Tal. Doch anscheinend wollte uns der Bernina nicht gehen lassen: Alle paar Meter wurde der Weg auf seiner kompletten Breite von einer aufgestellten Steinreihe durchzogen um gegebenenfalls das Wasser abzuleiten oder wie ich vermute, um Mountainbikern das Leben zu erschweren. ;) Und genau dies wurde vermutlich Christoph zum Verhängnis: Platten und somit auch Schlauchwechsel Nummero zwei erforderlich. Zu diesem Zeitpunkt befürchtete ich bereits, dass mein Schmugglertrail zwischen Poschiavo und Tirano aufgrund zeittechnischer Probleme wohl ausfallen werden müsste. Dieses Gefühl manifestierte sich nachdem wir uns wieder in die Abfahrt stürzten und es klar wurde, was uns der Bernina als nächstes kredenzte. Nur unterbrochen von vereinzelten Querungen der Bahnstrecke führte uns meine Route über einen Monstertrail in die Tiefe. Stock und Stein erforderten unsere volle Aufmerksamkeit und brachten die Bremsscheiben zum glühen. Es folgte Kehre über Kehre und mir wurde klar, dass ich mich bei der zeitlichen Planung doch grob verschätzt hatte ;)
Bei der Ankunft in Poschiavo mussten wir uns schweren Herzens schließlich eingestehen, dass der Schmugglertrail zugunsten der Straße weichen würde müssen, um unseren einstündigen Bahntransfer von Tirano nach Morbegno zu erwischen, ohne welchen das Erreichen des Comersees am selbigen Tag problematisch gewurden wäre.
Angekommen in Morbegno lagen nochmals 40km Straße vor uns, bevor wir kurz vor Gravedona in den Lago springen konnten.
Im Anschluss wollten wir eigentlich nur noch etwas essbares zwischen die Beißerchen bekommen, bevor wir irgendwo an den Ufern des Sees unser Nachtquartier beziehen konnten. Doch beides gestaltete sich nicht so einfach wie gehofft. Aufgrund des Nationalfeiertages war die komplette Region auf den Beinen. In ufernähe war in keinem Restaurant auch nur noch ein Tisch zu finden und so wurden wir erst in den verwinkelten Gassen im Stadtinneren von Gravedona fündig. Nach einer Portion Carbonara gabs zum Abschluss des Abends noch ein nettes kleines Feuerwerk über der See. Kein Vergleich zu den Flammenden Sternen, aber immerhin hatte man sich Mühe gegeben. ;)
Den geeignetsten Platz zum Übernachten fanden wir dann kurz vor Dongo direkt am Wasser. Zwar waren auch dort die ganze Nacht noch heimkehrende Italiener anzutreffen, aber nach solch einem Tag waren wir nur noch froh, endlich ein paar Stündchen Schlaf mitnehmen zu können.
Für die Freunde der Statisik: 86,27 gefahrene Kilometer und 629 Höhenmeter in 5 Stunden und 19 Minuten, welche wir mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 16,2 km/h hinten uns gelassen hatten.

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